Die Entstehung des Jodler-Sextetts
Es war im Winter 1894/1895. Der Lesezirkel Hottingen traf die Vorbereitungen für sein erstes grosses Kostümfest, der "Frühlingsmesse zu Seldwyla", das am 9. März 1895 in der Tonhalle stattfinden sollte. Ich sass in der Festkommision und bekam die Aufgabe, für diesen fröhlichen Anlass ein passendes Jodlerquartett zu stellen. Natürlich wandte ich mich in dieser Sache sofort an meinen Freund und Schwager Goetsch, und er war gleich Feuer und Flamme. Die Sänger für ein Quartett waren im Freundeskreis zu finden: Jean Eigenheer, Gustav Müller, Gottlieb Hürlimann und Konrad Goetsch. Als Jodler suchten wir Robert Schlegel zu gewinnen, der schon der früheren Jodlervereinigung der "Alten Sektion Zürich" angehört hatte. Er konnte aber aus irgend einem Grunde nicht mitmachen. Da sagte Chueri: "wir haben in der Alten einen jungen Turner, den Böngli (Albert Gut), der schon ganz hübsch jodeln kann; fragen wir den". Albert Gut war sofort bereit mitzumachen, und so geschah es, dass am 9. März 1895 an der Seldwyler-Messe das neu gebildete Quintett auftrat und stürmischen Beifall erntete.....
So steht es aufgeschrieben in der Erinnerungsschrift an Konrad Goetsch, aufgezeichnet 1920 von Sekundarlehrer Heinrich Maurer Zürich
Zur weiteren Geschichte
Zitat: Wo der Senne mit dem Sennen schwingt und das Alphorn erklingt, da war seit uralters her die Heimstätte des schweizerischen Jodelgesangs. Unsere Schweizer Jodel und Kuhriehen sind nichts anderes als "Lieder ohne Worte", in denen der Senne seiner Lebenslust und seinen Liebesgefühlen Ausdruch gibt, und mit denen er an seinen Alpauffahrten und Älplerfesten die seelische Stimmung schafft.
Dem Jodel gesellte sich frühzeitig das Lied bei, und neben dem Naturjodel erblühte in unseren Bergen neben dem einfachen Volkslied das Jodellied. Gegen 1890 gelangte es auch ins Flachland und in die Städte hinein. Da waren vorab die Turner, die sich durch ihre selbstverständliche Sangesfreudigkeit der Pflege des Jodelliedes hingaben und sich in Quartetten usw. zusammenfanden. Es war namentlich der Turnverein Alte Sektion Zürich, welcher den Keim zur nachmaligen so erfreulichen Entwicklung aufgehen liess.
Ein Mitglied, Gustav Schlegel von Zürich, begabt mit einer wahren Silberglockenstimme und ausgesprochener künstlerischer Fertigkeit, erfreute seine Turnkameraden Mitte der achtziger Jahre oft mit seinen frohen, meist selbst gemachten Liedern und Trillern, so dass sich bald ein Quintett zusammenfand zur harmonischen Begleitung. Die Gebrüder Gustav und Robert Schlegel, Jean Eigenheer, Alex Forster und Jean Bühler, alle bekannte Schwinger- und Turnerkameraden aus der Alten Sektion Zürich, bildeten den ersten Turner-Jodelklub, dessen Produktionen derart gefielen, dass gar bald in anderen Turnvereinen gleiche Quartette und Doppel-Quartette entstanden wie z.B. in den Turnvereinen Neumünster Zürich, Winterthur, Klein-Basel u.a.
Dieser Text stammt aus dem Vorwort der Chronik zum 50 Jahr Jubiläum von 1945
Das Jodler-Sextett des Turnverein Alte Sektion Zürich, gegründet im Jahre 1895, ist die älteste und eine der traditionsreichsten Jodlergruppen der Schweiz. Obwohl heute mehr als sechs Sänger aktiv tätig sind, haben wir den Namen im Andenken an unsere Gründer und in Verbundenheit mit unserem Stammverein beibehalten.
Jeder aktive Sänger trägt einen sogenannten Vulgo-Namen - wodurch den Gründern (Chläus, Tres, Chari, Sämi, Sepp, Christen) auch in Zukunft gedacht werden soll. Wir verpflichten uns der Darstellung und Propagierung des guten und echten schweizerischen Volks- und Jodelliedes und sind seit dem Jahre 1912 Mitglied des Eidgenössischen Jodlerverbandes. Dank fachkundigen Dirigenten und intensiver Probearbeit ist es uns bis heute gelungen, an allen besuchten Verbandsfesten des Nordostschweiz. Jodlerverbandes und auch an allen besuchten Eidg. Jodlerfesten die Klasse 1 (sehr gut) zu erreichen. Wir dürfen darum auch mit Stolz behaupten, dass wir in qualitativer Hinsicht zu den angesehensten Jodlergruppen der Schweiz gehören. Obwohl der Tradition verpflichtet, sind wir Neuerungen und neuen Formen des Jodelliedes nicht verschlossen.
Eine grosse Zahl von Freunden und Gönnern (unsere sogenannte H-Loge) unterstützt uns in vielfältiger Weise in unserer Tätigkeit und trifft sich alljährlich zur traditionellen Weihnachtsfeier im Dezember mit uns im Zunfthaus zur Zimmerleuten in Zürich. Ein festlich-fröhlicher Anlass, bei dem wir unseren Freunden über die Tätigkeit während des ganzen Jahres Bericht erstatten, neue Sänger und Freunde in unseren Kreis aufnehmen und ebenso in feierlicher Stimmung aber auch unserer Verstorbenen gedenken.
Mit einem besonderen Anlass im Albisgüetli in Zürich feierten die Sextettler 1995 ihr 100-jähriges Bestehen.